Gibt es bei Sachverständigenleistungen ein Widerrufsrecht?

Immer wieder kommt die Frage auf, inwieweit das Widerrufsrecht bei Sachverständigenleistungen eine Rolle spielt. Kann der Auftraggeber, nach der Beauftragung des Sachverständigen, innerhalb von 14 Tagen durch Erklärung eines Widerrufs von seinem Auftrag zurücktreten?

Bemüht man den logischen Menschenverstand, so wird man spontan sagen, dass das eigentlich nicht sein kann. Mitunter wäre es so möglich, dass der Sachverständige bereits mit der Erbringung des Gutachtens begonnen hat oder das Gutachten bereits vollständig erstellt hat, wenn vom Wiederrufsrecht gebrauch gemacht wurde.

Wie stellt sich die Rechtslage dar:

Seit dem 13. Juni 2014 gilt das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie. Von dieser Gesetzesänderung waren vor allem die Vorschriften zum Widerruf bei Fernabsatzverträgen mit Verbrauchern betroffen, die in den §§ 312, 355 ff BGB geregelt sind. Unter dieses Gesetz fallen sowohl online Verkäufe von Waren als auch von Dienstleistungen.

Grundsätzlich unterscheidet man Verträge über den Verkauf einer Ware, die Herstellung eines Werks oder die Erbringung einer Dienstleistung.

Folgenden Irrtümern unterliegen viele Sachverständige:

  1. Irrtum
    Beim Sachverständigenvertrag handelt es sich in der Mehrzahl aller Fälle um einen Werkvertrag und keinen Dienstleistungsvertrag. Das heißt, der Sachverständige schuldet dem Auftraggeber ein Gutachten und keine Dienstleistung. Nur in Ausnahmefällen, zum Beispiel bei einer immer wiederkehrenden Begutachtung könnte es sich um eine Dienstleistung handeln.
  2. Irrtum
    Der Gutachtervertrag wird nicht online oder über Telefon geschlossen, sondern meist von zwei Parteien, die sich im Büro des Sachverständigen gegenüber sitzen und besprechen, was der Auftraggeber benötigt und wozu. Damit wäre das Kriterium des „Fernabsatzes“ bereits nicht gegeben und das Gesetz nicht anwendbar.
  3. Irrtum
    Die Verbraucherrichtlinie schützt nur den privaten Verbraucher. Beauftragt, zum Beispiel eine Autowerkstatt, einen Sachverständigen, kommt das Gesetz deshalb nicht zur Anwendung, da es sich hier nicht um einen Verbraucher, sondern um einen gewerblichen Auftraggeber handelt.

Fazit:

Damit die Verbraucherrechte überhaupt zur Geltung kommt, müssen diverse Kriterien vorliegen. Diese müssen durch den Sachverständigen geprüft werden. Konkret sind dies:

  • Wurde der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume oder online, per Brief, per E-Mail etc. geschlossen?
  • Handelt es sich beim Auftraggeber um eine Privatperson?

Erst wenn diese beiden Fragen positiv beantwortet werden, muss eine Widerrufsbelehrung durch den Sachverständigen erfolgen.

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